Dienstag, 27. Dezember 2011

Zitat der Woche (5)

Aus einer Artikelbeschreibung bei ebay:
"Der Pullover ist in natura nicht so zerknittert, mein Mann hat dieses Foto nur widerwillig und völlig lieblos gemacht."

Donnerstag, 22. Dezember 2011

Umfrage über W-Dings

ES. ES ist wieder im Anflug und breitet seine Schwingen über uns aus. Nein, gemeint ist mit ES nicht das Merkozy (das es ja nicht einmal zum Wort des Jahres 2011 geschafft hat! Schwächlingmonster! Von wegen kerneuropäische Stärke!). Gemeint ist damit das W, das W, das W... Wwwww... na, W-Dings eben. Das, dessen Name nicht genannt werden darf.
Abgestimmt werden darf aber darüber. Hier im unkrautigen Blog. Nur wenige Tage. Rechts oben in der inzwischen fünften Grünzeuch-Umfrage, die längst fällig war. Ganz anonym: und hepp! Viel Spaß beim Abreagieren!

Über ihrer grenzenlosen Begeisterung sollten die geschätzten LeserInnen bzw. KlickerInnen allerdings nicht vergessen, ihren Mitwirkungspflichten auch im letzten Beitrag "Dichtungsring" nachzukommen und sich auch dort (via Kommentarfunktion) einzubringen. Bisschen das Hirn aushängen und kreativ sein schadet und schändet nicht, speziell zur Zeit der Herrschaft von IHM, dem W-Dings.
Also: unten reimen, rechts abstimmen, Samstag durchdrehen. Go!

Freitag, 16. Dezember 2011

Dichtungsring

Dieser Tage spürt Frau Feu den Drang dazu zu dichten.
Ist das genial, mit Stil, au goût? Enttäuscht seid Ihr: Mitnichten!
Allein entspringt's dem hohlen Hirn, das nur sein Echo ehrt.
Sir John von Goethe hat sich schon im Grabe umgekehrt.

Geht's weiter wie bisher, bergab, dann nehm ich an, ach: schwöre,
Steigt er als Zombie bald empor und singt die Thriller-Chöre,
Verfolgt Frau Feu, bis sie verstummt mit Reimen immerdar,
Nur heimlich, leise und vermummt... noch dichtet. Wirklich wahr.

Der Schrecken ist nur halb so schlimm, solange Joeth'n ruht
Und ab und an das Reimgewirr auch Sinn enthalten tut.
Da dies nicht ist, hier der Appell: Helft mir, spinnt es weiter!
Ideenreichtum, strahlend hell, sei dabei Euch Begleiter.

"Morning, Madam, I've come to read your poet."
"Oh, yes - he's in the cupboard under the stairs." 
(Monty Python's Flying Circus)

Dienstag, 6. Dezember 2011

Nichts "einschmeißen"!

Und nochmal Kladow: Ob diese Bewohner einer lauschigen, ruhigen Einfamilienvilla Werbung wollen oder nicht, bleibt im (weit verbreiteten!) Anführungszeichen-Wahn etwas offen.

Es liest sich wie ein Code, eine versteckte Botschaft unter Insidern: "Wir wollen ,keine' Werbung, na Sie wissen schon: echt ,keine'! <zwinkerzwinker>" - Heißt übersetzt: "Schmeißen Sie uns mit dem Zeug voll! Immer her damit!" Oder ist's ein diskreter Hinweis auf eine bestimmte Art von Werbung, die man nur will? Immer rinn mit den Sexkatalogen! Oder den Preislisten örtlicher Koksdealer!
Oder einfach nur: Ironie ist dein Feind, wenn sie sich anschleicht.

Liebe Kinder: Hände weg von den Gänsefüßchen! Es sei denn, ihr beherrscht sie.

Mittwoch, 30. November 2011

Zitat der Woche (4)

Aufgeschnappte Bestellung am Nebentisch im indischen Restaurant:
"Einmal das Chicken Curry ohne Chicken."

Samstag, 26. November 2011

Zitat der Woche (3)

Berliner Kulturbohèmiennes - eloquent, analytisch, kritisch! Eine Ballettbesucherin beim Verlassen der Deutschen Oper zu ihrer Begleiterin:
"Irgendwie war die Musik gar keine richtige Musik! Oder? Mehr so 'ding, ding' ."

Montag, 21. November 2011

Havelhafen – Schwanensee

Weiter geht es mit der "Aus schöneren Tagen"-Rückschau!

Folgendes Schild fand sich am Biergarten- bzw. Draußensitzbereich einer Gaststätte in Spandaus Unterbezirk Kladow:

Maisel's, Kladow (Kladower Hafen)
Einladend! So offen, serviceorientiert, heimelig und gastfreundlich ist man an der gleichsam entspannenden wie urigen, edlen und finanzstarken Berliner Peripherie. Kurz vor Brandenburg, im wilden Westen, herrscht ein rauer Umgangston (die Autorin würgt immer noch darüber, dass man "rauh" nun ohne H schreibt. Dreht sich Johannes R. nicht jedes Mal im Grab um?). "Nichtgäste", wie es neudeutsch heißt, sollten sich auf Abführen in Handschellen, eine Horde fieser Anwälte und öffentliches An-den-Pranger-Stellen einrichten, falls sie im beschaulichen Kladow mal für kleine Königstiger müssen und nicht in die malerische Havel schiffen wollen. Offenbar hilft nicht einmal eine ortsübliche Vergleichsmiete von 50 Cent pro Nutzung: Wenn pipi, dann peng!

Da präsentieren sich doch andere Lokale ähnlicher Zielrichtung gleich ganz anders. Liebe zum Gast sowie zum Detail sieht beispielsweise im Biergärtchen des Kreuzberger Brauhauses so aus:

Brauhaus Südstern, Kreuzberg (Hasenheide)
Mein lieber Schwan! Na, wenn das nicht freundliche Gäste bewirkt! Die merken vor lauter Schmunzeln nicht einmal, dass die Folienkartoffel reichlich klein und somit eher ein hässliches junges Entlein ist.
In den Schwanensee wird jedenfalls keiner pinkeln wollen. Höchstens in die Hasenheide, wenn man schon drinsitzt. Ist aber unnötig, da das Klo nicht überwacht und bedrohlich ist.

Donnerstag, 17. November 2011

Imperativ imperfekt

Damit der Abschied von den milderen Tagen leichter fällt (oder die Wehmut im nächtlichen Frost größer wird?), hat die Grünzeuch-Redaktion keine Kosten und Mühen gescheut und noch ein paar Momentaufnahmen und Skurrilitäten aus dem Sommer, Spätsommer und Frühherbst hervorgekramt. Den Anfang macht das Schaufenster dieses Buchladens in Mitte, der seine Auslage - u. a. mit Kinder-, Jugend- und Schulbüchern(!) - gekonnt in Szene setzen wollte mit Lesungen und anderen Direkt-Erlebnissen:

"Seh dein Buch live!" -> ? => Les deine Schrift durch!
Ging wohl etwas in die Hose. Wer ausgerechnet Schulbücher anpreist, sollte sich vielleicht mit Grammatik auskennen. Sonst weiß ja wirklich keiner mehr, warum Kinder, Jugendliche oder auch Erwachsene Bücher lesen sollten, um ihr Sprachgefühl zu stärken. Chats und Fressenbuch reichen!

Imperator, nee, Dings, ist eben nicht jedermanns Sache. Und was selbst Journalisten oft nicht mehr beherrschen, warum sollten dies Buchhändler im Griff haben? Oder Schriftsteller? Verlage? Als Nächstes sollen wohl auch noch Deutschlehrer sprachsicher sein! Man kann es auch übertreiben. Also langsam wird es echt albern mit den ganzen Sprachnazis.

Freitag, 11. November 2011

Der Himmel über Berlin

Im trüben Herbst, nach einigen wirklich sehr novembernden Kaltnebeltagen, muss manchmal ein wenig Kitsch sein. Gerne auch anheimelnd und touristenkompatibel mit dem Brandenburger Tor:
Watt Schönet. Janz ernst. Und das am 11.11.'11 (aber nicht um 11:11 Uhr).

Sonntag, 6. November 2011

Couchsurfing statt Bankenkrise

Es gibt ja Menschen, die Berlin für hektisch, stressig und viel zu laut halten. Tss!? Dabei handelt es sich um die grünste und gemütlichste Hauptstadt Europas. (Dass dies - je nach Gegend - inzwischen im Wandel begriffen ist, verschulden höchstens Nichteingeborene, welche es zu hektisieren versuchen.) So setzen hier die Ein- und Anwohner durch Zivilcourage etwas dagegen, wenn zum Beispiel eine Bank kaputtgewirtschaftet ist und ihr nicht regierungsseitig geholfen wird.

Ausruhen im (noch) Grünen aufm Sofa: Carmerplatz, Steglitz


Freitag, 14. Oktober 2011

Zitat der Woche (2)

Ähnlich der Rubrik Tunnelblick war dereinst das "Zitat der Woche" angedacht. Einen ersten Ansatz dazu gab es auch, danach versandete das Ganze aber aus ungeklärten Gründen. Ohne Regelmäßigkeitsgarantie: na, jetzt aber!

Eine genussvoll prollige Teenietussi erzeugt Tinnitus, indem sie in der U-Bahn laut telefoniert – und unter anderem ihr Urteil über eine Dritte ins Handy brüllt:
"Ey, die arbeitet schon! Die is zwar 'ne Schlampe, aber die arbeitet schon!"

Mittwoch, 21. September 2011

FDP - nee!

Grünzeuch-LeserInnen wissen mehr! Als Nachlese zur Berlinwahl decken wir auf: Enthüllt wird der wahre Grund, warum die FDP glorios unterging.

Neben den üblichen Peinlichkeiten auf Bundes-, aber auch Landesebene, dem Nichterreichen des Mindestalters, genereller Überflüssigkeit und Unpassendheit in der Hauptstadt sowie einem insgesamt bodenniveauigen Populismus-Wahlkampf voller Dummheiten (der sogar die Stammzielgruppe verfehlt haben dürfte, die sich für gebildet und geistreich hält) war vor allem ein bestimmtes Plakat schuld. Es belegte nämlich komplette Hirnlosigkeit.

Und zwar handelt es sich um dieses:


Sechs, setzen! Wenn ein kleiner FDPler von Mami mal wieder zum Bäcker geschickt wird, sollte ihm vorher jemand erklären, dass es einen Unterschied gibt zwischen verschiedenen Backwaren. Und dass man auch in Berlin nicht Croissants bekommt, wenn man Schrippen bestellt.
Wer nicht einmal den Einkauf von Lebensmitteln des täglichen Bedarfs zu bewältigen vermag, dem wird wohl kaum jemand zutrauen, dass er die komplexen Probleme einer Großstadt versteht und gar löst. Darum müssen die fatalen, banalen Qualen-Liberalen nachsitzen und zunächst kleinere Brötchen backen.

Freitag, 9. September 2011

Das Echo des Waldes

Eigentlich wollte die Autorin in diesem Blog ja möglichst nichts Privates veröffentlichen. Unwiderstehlich ist aber, was sich im auch von ihr bewohnten Mehrparteien-Mietshaus derzeit an der (äußerst beliebten) Pinnwand im Hausflur abspielt. Von Phantasie, Niveau, Sinnsuche, Wortkunst und dem Wandel einer Gegend legt dort ein Aushang Zeugnis ab, den der BlockHauswart im Namen der LagerMieterverwaltung aushängte – und der Beachtung fand.

Besonders erfreulich: "so assozial!!!" - Ach sso.

Mittwoch, 24. August 2011

Ach was?! – Moooment!

Nach all den schönen Nachrufen des zutiefst traurigen gestrigen Tages bleiben eigentlich nur noch drei wesentliche Fragen:

1. Warum singt und spielt Johannes Heesters noch mit 107 und Loriot muss mit 87 sterben?
2. Wo waren gestern die Flaggen auf Halbmast an den öffentlichen Einrichtungen (auch bei der Bundeswehr, so für den Oberleutnant von Bülow)? Dank der Verdienste um den deutschen Humor und auch um dessen Imageverbesserung im Ausland handelte es sich wohl um einen Staatsmann.
3. Wie geht es weiter – nun, da "der Vicco" das arme Deutschland mit den Mario Barths und Oliver Pochers allein gelassen hat?

Welch taubtrüber Ginst am Musenhain! Krawehl, krawehl!

Montag, 15. August 2011

Tunnelblick (9): Einen sitzen haben

Der letzte Tunnelblick ist ja schon eine ganze Weile her. Für die neu dazugekommenen LeserInnen auch ohnehin noch einmal die Erläuterung, was das Ganze soll: Die Rubrik Tunnelblick skizziert den Umstand, dass man in und an den öffentlichen Verkehrsmitteln und deren Wartevorrichtungen (meist, aber nicht immer, ist es seltsamerweise die U-Bahn) hervorragend was erleben oder beobachten kann: Skurrilitäten, Witzigkeiten, Dramen, Momentaufnahmen, Studienobjekte, bezeichnende Verhaltensweisen, Originale, böse Szenen, seltsame Szenen, auch mal Trauriges, Gespräche, Geschichten, Gesellschaftsexzerpte oder anderes Bemerkenswertes. Der Tunnelblick sammelt diese Anekdötchen. Lange gab es keine Skizze mehr - wohl weniger, weil nichts passiert ist; sondern eher, weil die Redaktion zu faul zum Aufschreiben war. Aber jetzt:

Teenager sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Sie werden zunehmend rätselhaft. Ein Samstagabend im Niemandsland zwischen Kreuzberg und Tempelhof, keine hippe Ausgehgegend also, spät nachts ist es auch noch nicht: Eine öde Bushaltestelle wird von zwei Mädels angesteuert, die schätzungsweise 16 Jahre alt sind. Es scheint sich um beste Freundinnen zu handeln, Indiz: Heuer hungert man gemeinsam. Denn neben betontem Sexy-Styling und viel verschmiertem Schminkkleister fällt vor allem der dramatische Magergrad der beiden auf. Ganz nüchtern sind sie auch nicht mehr, dafür ordentlich überdreht, und sie scheinen trotz des noch nicht sehr fortgeschrittenen Abends nach Hause zu wollen.
Was in diesem Zustand offenbar spießig bis zum Gehtnichtmehr ist, sind Sitzbänke. Vor allem solche an Bushaltestellen. Es nieselt (welch Überraschung in diesen Tagen!) und das Wartehäuschen böte saubere, überdachte Sitze, leer ist es auch. "Nee, is' doch scheiße, lass ma' besser unten hinsetzen!", fordert die eine Freundin. Sie entfleucht dem Häuschen und pflanzt sich demonstrativ davor nieder: auf dem schmutzigen, nassen, hundekotslalomigen Gehweg; im Schneidersitz, versteht sich, damit das Miniröckchen auch schön spannt. Die andere Freundin mosert: "Mann, nee, das is' grad so schwer für mich, ich komm nich gut runter, wenn meine Füße schon taub sind!" - ein bekanntes Problem unter Magersüchtigen, die nicht einmal mehr an der Fußsohle Fett oder Muskeln haben (denn vom erstaunlich bequem anmutenden, eher flachen Schuhwerk kann es nicht kommen). Sie fachsimpeln einen Moment lang über das Taube-Füße-Problem, das für sie eher interessant als tragisch zu sein scheint, schließlich sitzt die Zweite ächzend und mühsam. Kaum haben sie sich niedergelassen, wird zuerst eine Pulle Wodka herausgekramt und geköpft, dann folgen zwei Beutelchen mit Pulver, dem sie sich unbeholfen, aber demonstrativ widmen (vielleicht Coffaina?). Schließlich beginnen sie - kichernd, johlend und eingeleitet durch erstaunlich unpassenden und ungelenken Rapper-Sprech ("Yo, was geht bei euch, Digga, Mann?") -, eine Gruppe harmloser Jungs mutmaßlich arabischer oder türkischer Herkunft, die auf der gegenüberliegenden Seite auf den Bus warten, quer über die Straße aus dem Sitzen heraus anzupöbeln. Die wundern sich, bleiben aber cool und lassen sich nicht provozieren. Als der Bus kommt, sind die beiden Ladies so mit sich, ihrem Rausch und ihrem Auftritt beschäftigt, dass sie aus dem Sitzen kaum wieder hochkommen und der Busfahrer sie zuerst nicht mitnehmen möchte. "Die Flasche bleibt draußen! Weiß eure Mama eigentlich davon?", kommt endlich süffisant von ihm, als die Grazien stolpernd einsteigen. Pülverchen scheinen ihn aber nicht zu stören - versauen die Sitze vielleicht weniger. Busfahrer sind manchmal großartig.

Donnerstag, 11. August 2011

Die Etikette wahren

Sengende Sommersonne kann nicht jeder leiden. Efeu mag – geeignete Kleidung vorausgesetzt – aus verschiedenen Gründen Regen gern; auch wenn es davon nicht mehr wächst. Aber irgendwann wird's selbst dem Grünzeug zu viel. Wie müssen Hitzefans das erst finden?

"Heute schon wieder ein Sommer? Wir hatten doch diese Woche schonmal einen!" 



Links:
Das amerikanische Rösterei-Café "Barcomi's" in der Kreuzberger Bergmannstraße will ehrlich und sauber bleiben - und keinen Etikettenschwindel betreiben. Eine etwaige Anzeige wegen Betrugs bzw. Irreführung des Verbrauchers konnte es sicher umgehen: indem es wahrheitsgemäß ein unzutreffendes Adjektiv in der Bewerbung seiner Leistungen einfach durchstrich.

Donnerstag, 4. August 2011

Die Wahl der Qual

Massiv umhergeklebte Wahlplakate stimulieren schon wieder glamourös den Würgereiz. Im bekannten Overkill-Stil ereilte ab Startschuss binnen 24 Stunden die zahlenmäßig rekordverdächtige Frontaloffensive sämtliche Berliner Laternenmasten. Und das nicht nur frontal, sondern auch, äh, rektal. Auf jeden Fall offensiv.

Unverständlich bleibt, warum Wahlwerbung immer so phantasielos sein und oft auch so dilettantisch aussehen muss. An der Stelle der diversen Parteien würde das Grünzeuch die eine oder andere Werbeagentur ja nicht nur nicht entlohnen, sondern am besten gleich verklagen. Zum Beispiel für verschlimmbesserndes In-Szene-Setzen ohnehin schon schrecklicher Fratzen oder für dumme, respektive unfreiwillig komische, Slogans. Ganz weit vorne war bisher ja die CDU mit dem inzwischen nachgebesserten Plakat, das sich las wie: "Die 100 Probleme von Berlin – [sind] Frank Henkel."

Aber es gibt Licht am Ende des Tunnels!
Bisheriger Favorit auf den - tatsächlich! - Originalitätspreis:
Die Zielgruppe ist klar. Hauptsache, sie lacht.

Samstag, 2. Juli 2011

Neue Verbung

Dass die Grünzeuch-Redaktion - und zwar alle ihre vielen, vielen Mitglieder! - vom Wahn um eine gewisse Internetplattform genervt ist, ist nichts Neues. Hübsch ist aber, dass dieser Wahn auch kreatives Neues in Offline-Bereichen hervorbringt. So muss nicht nur jedes noch so kleine und/oder traditionelle Unternehmen (wie etwa ein Bekleidungsladen) dort präsent sein und in entsprechender Werbung (zum Beispiel im Schaufenster) darauf hinweisen; sondern so hat dies auch neue Wörter hervorgebracht und den Sprachschatz enorm bereichert. Zum Beispiel so:






Das Verb "liken" wird sicher spätestens in der übernächsten Ausgabe in den Duden aufgenommen. Es steht dann gleichwertig neben "downloaden", "adden" und Ähnlichem.

Donnerstag, 23. Juni 2011

Laufend neues Koffein

Nicht jeder Anglizismus ist Teufelswerk. Die Grünzeuch-Redaktion stimmt aber gern in den Kanon derer ein, die meinen, ein paar weniger von der genannten Sorte seien durchaus wünschenswert. So werden durchaus Sympathiepunkte für den Erhalt der deutschen Sprache durch kreatives Er- und Übersetzen verteilt. Ein Stehcafé nahe Kulturbrauerei würde welche erhalten, wenn es nicht auf lächerlichen fünf Wörtern zum Ausgleich beeindruckende zwei Fehler in Groß- und Kleinschreibung untergebracht hätte:
Doppelungen von Satzzeichen sind eigentlich auch nicht nötig. Aber sei's drum. Der Wille zählt und man freut sich ja schon über jeden kleinen Anti-Trend. Der Kaffee läuft hoffentlich schon durch.

Montag, 13. Juni 2011

Mal blau machen II

Blau geht immer und jederzeit, wie wir schon aufdeckten. Aber hat ein anderes Berliner Museum, diesmal das für Kommunikation, bei der Konzeption seiner Werbung für die "Gerüchte"-Ausstellung eigentlich berücksichtigt, wie prägnant Werbestile sind und wie verwechselbar man werden könnte? Hier assoziierte das Grünzeug angesichts von Farbton, Schrifttyp und Gesamtdesign jedenfalls sofort eine Kampagne des Mobilfunk-Anbieters "blau.de":


Zum Vergleich:

Montag, 30. Mai 2011

Spaß-i

Man erkennt den Grad der [ersehnten/angestrebten] Szenigkeit, Hipness oder Junge-Leute-Konzentration einer Berliner Wohngegend inzwischen bekanntlich am Vorhandensein und der Verbreitungsdichte der Institution "Spätkauf". Außerdem lieben BerlinerInnen es, alles abzukürzen, am besten mit einem I oder einem E am Ende; vorzugsweise Plätze (Alex, Ernie, Kutschi, PlaDeLu, PoPl, Leo, Theo, Helmi, Boxi, Nolli/Nolle, Stutti, Kotti) und Straßen (Kudamm, Tedamm, Potse, Strause, Wilmi, Linde, Luise).
Was bei der Kombination dieser beiden Fakten herauskommt, liest sich - hier in Kreuzberg, das wieder hip sein soll - süffig so:

"Späti am Schlesi": Vermutlich gibt's hier Schulli zu den Ziggis.
(Daneben dank Perspektive die Po-Theke, ein Ladenlokal für'n Arsch?)

Montag, 23. Mai 2011

Brutale Berliner Bronx II

Berliner Bezirke wandeln sich. Aber die Wilmersdorfer Witwen dulden keine Ghettoisierung, keine Drogen, keinen Schmuddel, keine Sprayer und keine Graffiti. Leider nur sehr temporär war daher das schüchtern seitlich auf die glänzend weißen Fliesen aufgebrachte, riesige, wunderschön quietschbunte, gute Laune machende, LSD-Trip-artige Kunstwerk im U-Bahnhof Blissestraße:

Sonntag, 22. Mai 2011

In würdigem Rahmen aus demselben gefallen

Plakate, verzierte Wartehäuschen & Co. locken doch im Internetzeitalter keinen mehr hinter dem Ofen hervor. Also wirklich. Das ist doch von gestern. Wer soll da noch einen Huch-Effekt erzielen?
So sei es! Einen privaten, leider mit null Euro dotierten (geschweige denn mit Trophäe, Urkunde oder Festveranstaltung zelebrierten) Grünzeuch-Werbepreis erhielten die Agenturen McCann Erickson / Jost von Brandis für innovative Ideen bei traditionellen Werbemitteln im Auftrag der Bremer Brauerei Beck's. Unter anderem nämlich für sowas, das nur wenige Tage in Berlin zu sehen war, ehe allerorten der Sturm es ohnehin zerlegte: 

Dienstag, 17. Mai 2011

Efeuvision Song Contest

Auch dieses Blog muss sich ab und an mit irrelevanter, mainstreamiger Populärkultur befassen (es tut dies natürlich sehr, sehr ungern):

Beim Eurovision Song Contest, besser bekannt immer noch als der Grand Prix de la Dingsda, haben 2011 angeblich einige einiges gezeigt. Die Eurovision hat gezeigt, dass sie tatsächlich ab und zu mehrere hörenswerte und auch stilistisch unterschiedliche Titel hervorbringen kann. Europa hat gezeigt, dass es locker und offen ist, dass es seine Definition nicht so eng sieht und der Ex-Ostblock getrost die EU-Mitgliedschaft beantragen kann, versuchen kann man's ja mal, mit Unterstützung der Nachbarn vielleicht. Außerdem hat Europa gezeigt, dass es null Geschmack hat. Dass gute Musik oder aber partytaugliche Disco schon im Halbfinale zugunsten austauschbaren Matsches rausfliegen (schade z.B. um Belgien, Türkei und Armenien) oder dann in der Schlussrunde keine Mehrheiten finden - mit einzelnen Ausreißern. Aserbaidschan hat gezeigt, dass es weiß, wie Kitschindustrie funktioniert. Deutschland hat gezeigt, dass es Superlative kann. Dass es technisch und organisatorisch fit ist, und zwar nicht nur in der Rüstungsindustrie. Angeblich auch, dass es nicht nur zum Anlass "Fußball" ein Partyvolk ist. Lena hat gezeigt, dass sie singen und Englisch gelernt hat und jetzt Vollprofi ist; womit sie aber die naiv-unbekümmerte, natürliche Bühnenpräsenz verloren hat, die ihren Erfolg begründete. Anke Engelke hat gezeigt, dass es Vorteile hat, mehrsprachig aufzuwachsen. Der NDR hat gezeigt, dass er Multitalente hat. Und RSSR, Rampensau Stefan Raab, hat gezeigt, wann man besser einfach mal die Fresse hält. Und was man aus "Satellite" Gutes, Rockiges machen kann.



Viele sind ja nach dessen Auftritt im Rahmenprogramm der Meinung, wir sollten nächstes Mal Jan Delay zum ESC schicken. Die Autorin steht dem Mann zwiegespalten gegenüber. Der Fischkopp ist sicherlich ein Charakterkopp. Einfach 'ne coole Sau. Er macht gute Musik und Stimmung. Aber das Efeu persönlich hat so Stimmen, die es nicht mag; die von Jan Delay gehört dazu. Das Genäsel nervt einfach, inklusive der Tatsache, dass es irgendwie schade ist, wenn man von guten Texten dann nichts verstehen kann. Andererseits amüsiert die Vorstellung, wie es wohl für die internationalen Gäste war, die lässig groovende Pausenshow zu hören, zu sehen und zu mögen, sich aber, gut ausgestattet mit einem deutschen Wörterbuch oder einem akustischen Vorab-Briefing durch eine Lern-DVD, die ganze Zeit zu fragen: "Welche Sprache is'n das, zum Geier!?" (diese Frage darf im Kopf gern in beliebige europäische Sprachen sowie Russisch, Türkisch, Hebräisch, Arabisch, ... übersetzt werden).

Die Autorin ist vielmehr dafür, 2012 Ina Müller zum ESC zu entsenden. Am besten mit einem Text auf Plattdeutsch, das gäbe auch Folklorepunkte (hier würde sich das Ganze folgerichtig eventuell sogar als Soul-Funk-Duett mit Jan Delay anbieten, Duette gehen immer, q.e.d.). Die Dame als Jury-Präsidentin war ein Grund, die Veranstaltung zu mögen. Und das, obwohl sie auch nicht immer einen treffenden Musikgeschmack hat (leider ebenfalls q.e.d.). Eine andere Variante wäre Stefan Hantel, besser bekannt als Shantel. Internationale, tanzbare gute Laune mit Ohrwurmeffekt – und Punkte gäbe es sicher auch vom Balkan, den ehemaligen SU-Ländern, Israel, Rumänien, Türkei, ...! Ach nein, die Idee wird nichts, mehr als sechs Leute auf der Bühne sind ja nicht erlaubt.

Im Folgenden eine grüne Vorschlägeliste, Pi mal Daumen, wie das Finale diesmal z.B. ausgegangen wäre, wenn die Welt gerecht wäre (Diskussion gern via unten verfügbarer Kommentarfunktion).

Die Top Ten (Geschmacksurteil abgewägt mit Grand-Prix-Stil-Kriterien): 1. Serbien, 2. Italien, 3. Moldau, 4. Deutschland, 5. Estland, 6. Schweiz, 7. Georgien, 8. Irland, 9. Island, 10. Ungarn.

Schleimig-gestrige Boybands und Schnösel sowie Heulbojen bitte nach hinten. Auf die letzten drei Plätze Griechenland für absolut unterirdisch schlechten, unfreiwillig komischen Rap in berechnender Schmalzfolklore-Kombi, Russland für schmierige Retorte und Spanien für komplette Belanglosigkeit.

Montag, 9. Mai 2011

Brutale Berliner Bronx

Indizien, an denen man merkt, dass Berliner Bezirke sich verändern, Teil 1:
An einem Samstagabend in Neukölln unterwegs sein und kurz stutzen, was irgendwie komisch daran war, zwischen aus dem Boden sprießenden Cocktailbars so angesprochen worden zu sein: "Excuse me, do you speak German?"

Dienstag, 3. Mai 2011

Friede, Freude, Eiersuchen

Westlich-abendländische Welt, in einem aber mal sowas von freien Land, abends im Mai, Tag zwei nach X. Alles ist anders. Alles ist neu. Es ist vollbracht. Das Suchen hat ein Ende. Je mehr sich die Nachricht setzt, desto mehr wachsen Gewissheit, Zufriedenheit, Erleichterung und Wohlgefühl: Endlich! Die Freiheit ist gerettätätä! Das Monster wurde in seiner Höhle aufgespürt und hingerichtet. Na dann ist ja alles in Butter. Frieden, Demokratie, Fortschritt, Rechtsstaatlichkeit, Christentum, Moral, Moderne, Zivilisation und Menschenverstand, überhaupt: die aufgeklärte Gesellschaft, haben gesiegt. Und ihre methodische und stilistische, vor allem aber ethische Überlegenheit bewiesen. Wir dürfen wieder leben. Die Welt ist gut. Auf die Straßen und jubeln!

Gerichtsprozesse sind ja auch was für Anfänger. Was soll das ganze Be- und Verhandeln? Rache muss schnell geübt werden und effektiv. Und am besten auf Unbewaffnete und in einem Land, das weder eigener Abknallhoheit entspricht noch fremde Zeigefinger verheißt.

Es reicht auch im Übrigen nicht, wenn ein Herr Obama versucht, seine nächste Präsidentschaft zu retten. Das befreundete Ausland ist auch erleichtert. Man kann ja jetzt endlich wieder auf die Straße gehen. Oder auf einen Flughafen. Unter Leute. Da darf sich dann das Ding, das so tut, als sei es ein Außenminister, hinstellen und den Amis gratulieren und noch jubeln, das sei "eine gute Nachricht für alle friedliebenden und freiheitlich denkenden Menschen". Sic! Ah, für die! Man wusste ja nicht so genau. Doch nicht nur das Guido langt wieder voll zu, Tante Trude im Hosenanzug will auch mal: Merkel "freut sich", dass es "gelungen ist, Bin Laden zu töten".

Manch einer wundert sich ein bisschen. Auch über den ausbleibenden Aufschrei. Warum der so leise ausfällt, ist klar: Kritiker des Modus leugnen wohl den Malus? Die verharmlosen einen Terroristen!
Und was machen Al Qaida und andere Terrornetzwerke? Is' klar, es greift der gute alte Witz: "Bin nicht zu sprechen. Bin Laden (und dann abdrücken)." Wirklich schlau, den Fanatikern auch noch einen unbewaffneten Märtyrer zu schenken. Erst Ground Zero, nun Found Hero.

Ich stimme selten dem Papst zu, wozu auch, aber einmal hat er recht gehabt: Ein Christ, der sich über eine Tötung freut, ist doch ein seltsamer solcher. Übrigens auch ein Nichtchrist; der ist entsprechend ein seltsamer vermeintlich zivilisierter und friedlicher Mensch.
Ach so, ganz christlich wurde nur Gleiches mit Gleichem vergolten? Na, da wurde aber mal wirklich haushohe geistig-moralische Überlegenheit eines Systems gezeigt, das für andere Werte steht als für die des Getöteten. 

Die archaische Lynchjustiz war mehr dies: Uga uga!
"I mourn the loss of thousands of precious lives, but I will not rejoice in the death of one, not even an enemy."
(Martin Luther King, Jr., Strength To Love, 1963)
"Zivilisierte Staaten haben einst das Völkerrecht erfunden."
(Jörg Schönenborn, ARD-Tagesthemen, 2011)

Dienstag, 12. April 2011

Tunnelblick (8): Fit bleiben im Alter

Irgendwo im wochenendlichen S-Bahn-Nirvana stellte sich wieder einmal die philosophische Frage, es ob es sehr spät oder sehr früh war. Auch zwei einander gegenüber sitzende, lässig-coole Jungs, deren Alter vermutlich noch eine Eins vorne trug und deren IQ es eventuell ins Dreistellige geschafft hatte, bemühten sich eifrig, diese Frage zu klären. Ferner waren sie lautstark debattierend damit beschäftigt, sich selbst dafür zu loben, dass sie erstens ausnahmweise nüchtern und zweitens zum ersten Mal um diese Zeit schon statt noch unterwegs waren. Sie waren deshalb ziemlich aufgeregt. Das Gedächtnisprotokoll erlaubt folgende Paraphrasierung eines besonders erhellenden Diskussionsabschnitts:

Typ 1: "Also man würde doch denken, zwei so Typen wie wir, voll jung und gut drauf und so, Samstagnacht in der S-Bahn, die sind besoffen und kommen vom Feiern."
Typ 2: "Ja, Mann. Das denken ja immer alle die anderen. Und sind jetz voll genervt. Dabei sind wir grad echt nüchtern."
Typ 1: "Jetzt fällt einem das mal so auf."
------ Denkpause ------
Typ 1: "Ich find das auch krass, wie viele Ältere so um die Uhrzeit immer unterwegs sind! So voll normale Leute und so. Musst du dir mal vorstellen, die fahren jetzt alle zur Arbeit wie jeden Tag und so! Und wir sonst ja nich, auch nich zum Bahnhof, Alter! Sondern wir kommen sonst ja vom Feiern und gehen schlafen. Krass!"
------ Denkpause ------
Typ 2: "Die arbeiten aber vielleicht auch nich alle, die jetz hier so rumsitzen. Is doch Wochenende."
Typ 1: "Na mann ey, es gibt auch Jobs, da musst du auch am Wochenende arbeiten. Also auch richtige Jobs, nich nur Werbung verteilen und so."
Typ 2: "Ja aber... die könnten doch auch vom Feiern kommen!?"
Typ 1: "Na nee, ich mein' ja so die Normalen. Die Älteren. Die schon 30 sind oder so."
------ Denkpause ------
Typ 2: "Ältere mit 30 können auch feiern gehen."
Typ 1: "Echt?"

Samstag, 2. April 2011

Der Schmerz mit dem Scherz

Anders als letztes Jahr (ja, war lahm, na und?) hatte Efeu gestern irgendwie weder Lust auf noch Inspiration für einen Aprilscherz. Revoluzzerhaft aber war dann der Gedanke, mal alles anders zu machen – und die Grünzeuch-LeserInnen in den zweiten April zu schicken! Hm. Abgesehen davon, dass man von gestern überfüttert ist von allerlei wahnsinnig spaßigen Fehlmeldungen in Medien großer und kleiner Art (schön war aber etwa die Ente der taz und die Reaktion der Opfer darauf): Nee, unoriginell. Zu durchsichtig. Vielleicht sollte man Enten am 1. Mai veröffentlichen. Andererseits klingt "Mai, Mai!" dämlich und am 1. Mai liest hier eh keiner, weil – regional unterschiedlich – die einen mit Liebesbäumen und die anderen mit Steineschmeißen beschäftigt sind. "Juni, Juni!" dagegen käme vom hämischen Sprechrhythmus her wieder hin. Oder ein Scherz am 1. Dezember? Mitten rinn in den kitschigen W[zensiert]-Deko-Rausch?
Wie auch immer: Revolte gegen das Establishment! Traditionen sind dazu da, um gebrochen zu werden!
Beschämt, schulterzuckend, sinnfrei und halbherzig entschuldigt sich die Autorin jedenfalls auf das Allergrünste für diesen völlig substanzlosen und überflüssigen Blogeintrag.

Sonntag, 27. März 2011

Muttis und Multis

Nach längerer Zeit mal wieder die Erkenntnis, dass das kleine grüne Blog vernachlässigt wurde - das arme! Es weint blattfaserige, triefende Tau-Tränen. Schimmelgrüne Asche auf Efeus Haupt! Dabei gibt es doch nichts, was wichtiger wäre als Bloggen. (Ja, manche unterschreiben das sofort.)

Aber ist die Welt jetzt nicht ohnehin eine andere?


Nö, isse nicht. Es sind nur ein paar ewige Träumer, Optimisten, Schönfärber, Kritikresistente und Deppen schließlich doch noch aufgewacht und sehen dasjenige als andere Welt, was immer schon so war. Huch, Atomkraft ist ja doch gefährlich und nicht kontrollierbar. Sachen gibt's. Ja, wenn wir das gewusst hätten!

Jetzt sind sie da, die heuchlerischen Politsprechmaschinen, die Wutbürger, die Frustbürger, die Aufgewachten, die geläutert sich nachdenklich gebenden Konzerne, die passend zur Jahreszeit wie Krokusse aus dem Boden schießenden Experten voller Wortgewalt, die Lobbyisten auch, die in die Bredouille geratenen Sprecher - und dann noch sie: die Mütter. Ein paar Väter auch. Also Kernenergie ist nicht gefährlich, weil sie per se gefährlich ist, sondern weil es Kinder gibt und man die schützen muss. Emotionalisierung lautet das Stichwort jeder Bewegung; und sie funktioniert. Die 1980er-Jahre sind auch wieder gegenwärtig: vertraute Motive, Parolen und Gestalten, irgendwie lustig (es wäre lustiger, wenn nicht der Schrecken von damals so unlustig wäre). Ach, und die Schwaben, die sind auch da (wie sagte Urban Priol so nett: Auf Schwäbisch gab es in Japan "e GÄUle"). Sie sind noch so schön in Schwung von Stuttgart 21, dass Mappus auch an Fukushima schuld ist, und weil sie das Protestieren gerade entdeckt haben, probieren sie schüchtern aus, ob man auch bei Überregionalem dagegen sein darf.

Da Protest nicht nur Luft, sondern auch Spaß machen soll, gab es bei den diversen Großdemos neben Massen und Reden denn auch mal wieder Musik: In Berlin die Kleingeldprinzessin (oder auch Dota und die Stadtpiraten), hach, hervorragend, die wollte ich ohnehin dringend mal live sehen. Schön auch Wir sind Helden, die ihren Denkmal-Song umwidmeten ("Sie haben uns / Ein Kraftwerk gebaut / Und jeder Vollidiot weiß, ...") und das Publikum den Refrain allein singen ließen - weil ja der Aufruf zum Sprayen und zum Beschmieren mit Parolen in diesem Kontext doch eher so "halb illegal" sei.

Ach ja, ein paar Umstürze und Kriege waren und sind in der Welt in den letzten Wochen nebenbei auch noch virulent (und Eisbär Knut ist epileptisch verendet, ist das nicht schrecklich für alle Berliner und das Universum?). Da das Grünzeuch allerdings kein Nachrichtenblog ist, soll es darüber nun mal nicht heulen, als habe man seine Funktion verschenkt und die Weltöffentlichkeit auf einen Eintrag hierzu gewartet. Es könnte sich statt dessen freudig einreden, der neuerliche Grünen-Hype gelte ihm.

Aber Deutschland soll ja keine komplette Servicewüste mehr sein. Hier deshalb vom obigen Thema und vor allem vom Samstag, dem 26.3.2011, noch eine kleine Sammlung origineller oder kreativer Plakate und Transparente, derer meine lausige und im Laufe des Zuges leider verschmutzte Handykamera schnell genug habhaft werden konnte:


"Kein Auge zudrücken!" prangt neben dem dreiäugigen Fisch.
"Fischstäbchen statt Brennstäbchen!" 
Schwer zu lesen ein Gedicht, das seltenerweise stimmig in Klang und Versmaß ist:
"Der Regierung liebstes Hobby
sind Deals mit der Atomstromlobby!"

Leuchten statt strahlen: Kein Plakat, aber auch Ikea macht krea- und plakativ.

Die muntere Trägerin dieses Schildes war ca. 14-15 Jahre alt. 
Persönliche Favoriten:



Zu schnell vorbei stampften weitere Highlights wie: "Danke Rainer!" oder "Die Bundesregierung ist wie Lottospielen: keine drei Richtige."

www.atomausstieg-selber-machen.de

Freitag, 11. Februar 2011

Tunnelblick (7): Nase voll

Wie sie alle jammern über ihren Schnupfen! Schnupfen, der "gerade rumgeht". Statt sich zu freuen, dass keine schlimmeren Dinge, etwa die Nachfahren von H1N1, sie erwischt haben. Und statt sich an des Schnupfens Gnade zu ergötzen; jedenfalls, wenn es sich nicht um fließende Ware, sondern eher um stopfende handelt. Denn manches bleibt einem doch erspart auf diese Weise.

Manch einer staunt da noch. Auch und gerade in öffentlichen Verkehrsmitteln, auch denen des Personenfern-, nicht nur denen des -nahverkehrs. Und doch gehören die vielgerühmten olfaktorischen Belastungen zum Alltag. So sehr, dass Efeu sich eigentlich nur noch über wenig wundert. Alles kennt sie - kennen alle Fahrgäste - aus der U-Bahn: Schweiß. Hähnchen. McDoof-Plastikaroma. Döner. Anderweitig Knoblauch oder Zwiebel. Billiges Bier. Urin. Kotze. Alkfahne. Zu viel Parfum (oder das falsche). Erkältet. Diffus ungewaschen. Nasser Hund. Furz. Auch Kombinationen, etwa Furz von nassem Hund in Symbiose mit Alkfahne von schwitzendem Herrchen.
Jüngst aber etwas anderes, das schockte, weil es so unerwartet kam, so selten ist. Im Vorbeigehen, huch, da war es! Starker, unverkennbarer, stechender Geruch nach ... Eiter. Bzw. im stevejobsenden Hype angekommen heißt das Zeug nun vermutlich iTer. Heftig, bohrend, scharf, aufdringlich, intensiv und beängstigend. Das Irritierende war in diesem Fall, neben dem Ekel, dass dieser Geruch nicht von jemandem ausging, der schon auf die ersten, optischen, gut gepflegten Wahrnehmungsvorurteile hin ganz offenkundig verwahrlost war oder krank oder hilfebedürftig. Sondern von dem, was gerüchtehalber manche selbsternannten Szenemenschen mit "Stino" (von "stinknormal") bezeichnen; von einem Stino, der sich augenscheinlich zudem recht wohlfühlte. Gemütlich stieg er ein und setzte sich; ein durchschnittlicher Mann, offenbar auf dem Weg zur Arbeit, Hemdkragen unter dem Pulli, Aktentasche auf dem Schoß ablegend - las sodann friedlich eine Zeitung (ok, das ist heutzutage nicht mehr normal. Für die, die sich nicht mehr erinnern oder es nicht mehr selbst erlebt haben: Das sind diese raschelnden, meist etwas unhandlichen Dinger aus Papier mit Informationen darin, die der Bildung, teils auch dem Sensationsheischen, in gewissen Fällen auch der Meinungsmache dienen, in diesem Falle war es ein Exemplar von der Bildungsfront). Er wirkte friedlich, schmerzfrei und sich nicht im Mindesten bewusst, wie er roch und dass er offenbar ein massives gesundheitliches (und gesellschaftliches) Problem hatte.

Der Tunnelblick gilt also diesmal dem eigenen Leiden, Ekeln, Sich-für-eigene-Vorurteile-Schämen, Wundern (es gab Gerüche, die man noch nicht gewohnt war!?), ... und nebenbei auch dem Ratlos-Sein. Denn wie verhält man sich? Sollte man denjenigen auf die drohende Gefahr hinweisen? Aber was sagt man da? Vorschläge: "Entschuldigen Sie, es geht mich zwar nix an, aber eventuell sollten Sie dringend einen Arzt Ihres Vertrauens aufsuchen"? Missverständlicher: "Ey, bissu krank, Alter"? Oder gar, egozentrischer: "Dein Geruch macht mich krank"? Oder schlicht beschreibend: "Ich hab sowas von die Nase gestrichen voll"? - Bei Letzterem wäre, je nach Bedeutungs- und Naseninhalt, noch über die wertenden Zusätze "leider" respektive "zum Glück" nachzudenken.

Samstag, 29. Januar 2011

Erhobenen Hauptes

Wieder einen Beweis, dass für Hauptschüler (und sogar für mutmaßlich islamische, Herr Sarrazin!) noch nicht Hopfen und Malz verloren sind, sondern dass auch für sie noch Hoffnung besteht, lieferte dem Grünzeuch eine Szenerie bei einem bekannten Lebensmitteldiscounter. Diese belegt, dass Sprachgefühl in allen Schichten vorhanden sein kann, ebenso wie das Klugscheißer-Gen.
Eine Gruppe lauter, aggressiver Halbstarker mit Migrationshintergrund, alle gleich gestylt und unglaublich cool, fiel in jenem Markt ein - und krakeelte beim Einkaufen nicht nur herum, sondern tauschte auch Smalltalk aus:

Junge 1: "Isch geh hier um Ecke. Gleisch hier. Und du? Bist du noch Schule?"
Junge 2: "Mhm. Noch bis Sommer."
Junge 1 [an einen Dritten gerichtet]: "Und du, und du? Bist du Hauptschule?"
Junge 3 reagiert nicht, ist mit Chipsauswahl beschäftigt.
Junge 1 [schubst ihn an]: "Ey sag mal, ey ey! Ey, du bist Hauptschule, wa?"
Junge 3: "Au maaaaaann, du Spast! Isch bin nisch Hauptschule! Sondern isch geh auf Hauptschule! Isch bin Hauptschüler! Kapierstu!?"

Ob der Erste kapiert hatte, entzog sich im Folgenden leider der Kenntnis der Verfasserin. Denn diese kämpfte mit Lachtränen und musste sich daher schnell verdünnisieren, ehe sie als Resultat vermutlich aufs Maul bekommen hätte. 10 Punkte für den total harten Macker mit der Checkung für Verben und zusammengesetzte Substantive!

Donnerstag, 13. Januar 2011

Ursachenforschung

[Anm.: Bei Folgendem handelt es sich um Erlebtes, nicht um einen lauen Witz.]

Zahnarzt: "Und nächste Woche können wir dann bei der Krankenkasse die weitere Behandlung beantragen."
Patientin: "Mhm, ja."
Zahnarzt: "Pflege haben wir dokumentiert. Die Zähne sind - sehr sauber. Da kann man eigentlich nur sagen: Besser geht nicht."
Patientin: "Oh, freut mich. Hat man aber auch nix von, wenn man dann trotzdem Karies und Parodontose hat."
Zahnarzthelferin: [kichert]
Zahnarzt: "Hm. Jaja. Das liegt dann manchmal einfach an ... - - den Zähnen."


In diesem Sinne allen ein gesundes, erkenntnisreiches 2011!
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