Sonntag, 27. März 2011

Muttis und Multis

Nach längerer Zeit mal wieder die Erkenntnis, dass das kleine grüne Blog vernachlässigt wurde - das arme! Es weint blattfaserige, triefende Tau-Tränen. Schimmelgrüne Asche auf Efeus Haupt! Dabei gibt es doch nichts, was wichtiger wäre als Bloggen. (Ja, manche unterschreiben das sofort.)

Aber ist die Welt jetzt nicht ohnehin eine andere?


Nö, isse nicht. Es sind nur ein paar ewige Träumer, Optimisten, Schönfärber, Kritikresistente und Deppen schließlich doch noch aufgewacht und sehen dasjenige als andere Welt, was immer schon so war. Huch, Atomkraft ist ja doch gefährlich und nicht kontrollierbar. Sachen gibt's. Ja, wenn wir das gewusst hätten!

Jetzt sind sie da, die heuchlerischen Politsprechmaschinen, die Wutbürger, die Frustbürger, die Aufgewachten, die geläutert sich nachdenklich gebenden Konzerne, die passend zur Jahreszeit wie Krokusse aus dem Boden schießenden Experten voller Wortgewalt, die Lobbyisten auch, die in die Bredouille geratenen Sprecher - und dann noch sie: die Mütter. Ein paar Väter auch. Also Kernenergie ist nicht gefährlich, weil sie per se gefährlich ist, sondern weil es Kinder gibt und man die schützen muss. Emotionalisierung lautet das Stichwort jeder Bewegung; und sie funktioniert. Die 1980er-Jahre sind auch wieder gegenwärtig: vertraute Motive, Parolen und Gestalten, irgendwie lustig (es wäre lustiger, wenn nicht der Schrecken von damals so unlustig wäre). Ach, und die Schwaben, die sind auch da (wie sagte Urban Priol so nett: Auf Schwäbisch gab es in Japan "e GÄUle"). Sie sind noch so schön in Schwung von Stuttgart 21, dass Mappus auch an Fukushima schuld ist, und weil sie das Protestieren gerade entdeckt haben, probieren sie schüchtern aus, ob man auch bei Überregionalem dagegen sein darf.

Da Protest nicht nur Luft, sondern auch Spaß machen soll, gab es bei den diversen Großdemos neben Massen und Reden denn auch mal wieder Musik: In Berlin die Kleingeldprinzessin (oder auch Dota und die Stadtpiraten), hach, hervorragend, die wollte ich ohnehin dringend mal live sehen. Schön auch Wir sind Helden, die ihren Denkmal-Song umwidmeten ("Sie haben uns / Ein Kraftwerk gebaut / Und jeder Vollidiot weiß, ...") und das Publikum den Refrain allein singen ließen - weil ja der Aufruf zum Sprayen und zum Beschmieren mit Parolen in diesem Kontext doch eher so "halb illegal" sei.

Ach ja, ein paar Umstürze und Kriege waren und sind in der Welt in den letzten Wochen nebenbei auch noch virulent (und Eisbär Knut ist epileptisch verendet, ist das nicht schrecklich für alle Berliner und das Universum?). Da das Grünzeuch allerdings kein Nachrichtenblog ist, soll es darüber nun mal nicht heulen, als habe man seine Funktion verschenkt und die Weltöffentlichkeit auf einen Eintrag hierzu gewartet. Es könnte sich statt dessen freudig einreden, der neuerliche Grünen-Hype gelte ihm.

Aber Deutschland soll ja keine komplette Servicewüste mehr sein. Hier deshalb vom obigen Thema und vor allem vom Samstag, dem 26.3.2011, noch eine kleine Sammlung origineller oder kreativer Plakate und Transparente, derer meine lausige und im Laufe des Zuges leider verschmutzte Handykamera schnell genug habhaft werden konnte:


"Kein Auge zudrücken!" prangt neben dem dreiäugigen Fisch.
"Fischstäbchen statt Brennstäbchen!" 
Schwer zu lesen ein Gedicht, das seltenerweise stimmig in Klang und Versmaß ist:
"Der Regierung liebstes Hobby
sind Deals mit der Atomstromlobby!"

Leuchten statt strahlen: Kein Plakat, aber auch Ikea macht krea- und plakativ.

Die muntere Trägerin dieses Schildes war ca. 14-15 Jahre alt. 
Persönliche Favoriten:



Zu schnell vorbei stampften weitere Highlights wie: "Danke Rainer!" oder "Die Bundesregierung ist wie Lottospielen: keine drei Richtige."

www.atomausstieg-selber-machen.de
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