Mittwoch, 24. August 2011

Ach was?! – Moooment!

Nach all den schönen Nachrufen des zutiefst traurigen gestrigen Tages bleiben eigentlich nur noch drei wesentliche Fragen:

1. Warum singt und spielt Johannes Heesters noch mit 107 und Loriot muss mit 87 sterben?
2. Wo waren gestern die Flaggen auf Halbmast an den öffentlichen Einrichtungen (auch bei der Bundeswehr, so für den Oberleutnant von Bülow)? Dank der Verdienste um den deutschen Humor und auch um dessen Imageverbesserung im Ausland handelte es sich wohl um einen Staatsmann.
3. Wie geht es weiter – nun, da "der Vicco" das arme Deutschland mit den Mario Barths und Oliver Pochers allein gelassen hat?

Welch taubtrüber Ginst am Musenhain! Krawehl, krawehl!

Montag, 15. August 2011

Tunnelblick (9): Einen sitzen haben

Der letzte Tunnelblick ist ja schon eine ganze Weile her. Für die neu dazugekommenen LeserInnen auch ohnehin noch einmal die Erläuterung, was das Ganze soll: Die Rubrik Tunnelblick skizziert den Umstand, dass man in und an den öffentlichen Verkehrsmitteln und deren Wartevorrichtungen (meist, aber nicht immer, ist es seltsamerweise die U-Bahn) hervorragend was erleben oder beobachten kann: Skurrilitäten, Witzigkeiten, Dramen, Momentaufnahmen, Studienobjekte, bezeichnende Verhaltensweisen, Originale, böse Szenen, seltsame Szenen, auch mal Trauriges, Gespräche, Geschichten, Gesellschaftsexzerpte oder anderes Bemerkenswertes. Der Tunnelblick sammelt diese Anekdötchen. Lange gab es keine Skizze mehr - wohl weniger, weil nichts passiert ist; sondern eher, weil die Redaktion zu faul zum Aufschreiben war. Aber jetzt:

Teenager sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Sie werden zunehmend rätselhaft. Ein Samstagabend im Niemandsland zwischen Kreuzberg und Tempelhof, keine hippe Ausgehgegend also, spät nachts ist es auch noch nicht: Eine öde Bushaltestelle wird von zwei Mädels angesteuert, die schätzungsweise 16 Jahre alt sind. Es scheint sich um beste Freundinnen zu handeln, Indiz: Heuer hungert man gemeinsam. Denn neben betontem Sexy-Styling und viel verschmiertem Schminkkleister fällt vor allem der dramatische Magergrad der beiden auf. Ganz nüchtern sind sie auch nicht mehr, dafür ordentlich überdreht, und sie scheinen trotz des noch nicht sehr fortgeschrittenen Abends nach Hause zu wollen.
Was in diesem Zustand offenbar spießig bis zum Gehtnichtmehr ist, sind Sitzbänke. Vor allem solche an Bushaltestellen. Es nieselt (welch Überraschung in diesen Tagen!) und das Wartehäuschen böte saubere, überdachte Sitze, leer ist es auch. "Nee, is' doch scheiße, lass ma' besser unten hinsetzen!", fordert die eine Freundin. Sie entfleucht dem Häuschen und pflanzt sich demonstrativ davor nieder: auf dem schmutzigen, nassen, hundekotslalomigen Gehweg; im Schneidersitz, versteht sich, damit das Miniröckchen auch schön spannt. Die andere Freundin mosert: "Mann, nee, das is' grad so schwer für mich, ich komm nich gut runter, wenn meine Füße schon taub sind!" - ein bekanntes Problem unter Magersüchtigen, die nicht einmal mehr an der Fußsohle Fett oder Muskeln haben (denn vom erstaunlich bequem anmutenden, eher flachen Schuhwerk kann es nicht kommen). Sie fachsimpeln einen Moment lang über das Taube-Füße-Problem, das für sie eher interessant als tragisch zu sein scheint, schließlich sitzt die Zweite ächzend und mühsam. Kaum haben sie sich niedergelassen, wird zuerst eine Pulle Wodka herausgekramt und geköpft, dann folgen zwei Beutelchen mit Pulver, dem sie sich unbeholfen, aber demonstrativ widmen (vielleicht Coffaina?). Schließlich beginnen sie - kichernd, johlend und eingeleitet durch erstaunlich unpassenden und ungelenken Rapper-Sprech ("Yo, was geht bei euch, Digga, Mann?") -, eine Gruppe harmloser Jungs mutmaßlich arabischer oder türkischer Herkunft, die auf der gegenüberliegenden Seite auf den Bus warten, quer über die Straße aus dem Sitzen heraus anzupöbeln. Die wundern sich, bleiben aber cool und lassen sich nicht provozieren. Als der Bus kommt, sind die beiden Ladies so mit sich, ihrem Rausch und ihrem Auftritt beschäftigt, dass sie aus dem Sitzen kaum wieder hochkommen und der Busfahrer sie zuerst nicht mitnehmen möchte. "Die Flasche bleibt draußen! Weiß eure Mama eigentlich davon?", kommt endlich süffisant von ihm, als die Grazien stolpernd einsteigen. Pülverchen scheinen ihn aber nicht zu stören - versauen die Sitze vielleicht weniger. Busfahrer sind manchmal großartig.

Donnerstag, 11. August 2011

Die Etikette wahren

Sengende Sommersonne kann nicht jeder leiden. Efeu mag – geeignete Kleidung vorausgesetzt – aus verschiedenen Gründen Regen gern; auch wenn es davon nicht mehr wächst. Aber irgendwann wird's selbst dem Grünzeug zu viel. Wie müssen Hitzefans das erst finden?

"Heute schon wieder ein Sommer? Wir hatten doch diese Woche schonmal einen!" 



Links:
Das amerikanische Rösterei-Café "Barcomi's" in der Kreuzberger Bergmannstraße will ehrlich und sauber bleiben - und keinen Etikettenschwindel betreiben. Eine etwaige Anzeige wegen Betrugs bzw. Irreführung des Verbrauchers konnte es sicher umgehen: indem es wahrheitsgemäß ein unzutreffendes Adjektiv in der Bewerbung seiner Leistungen einfach durchstrich.

Donnerstag, 4. August 2011

Die Wahl der Qual

Massiv umhergeklebte Wahlplakate stimulieren schon wieder glamourös den Würgereiz. Im bekannten Overkill-Stil ereilte ab Startschuss binnen 24 Stunden die zahlenmäßig rekordverdächtige Frontaloffensive sämtliche Berliner Laternenmasten. Und das nicht nur frontal, sondern auch, äh, rektal. Auf jeden Fall offensiv.

Unverständlich bleibt, warum Wahlwerbung immer so phantasielos sein und oft auch so dilettantisch aussehen muss. An der Stelle der diversen Parteien würde das Grünzeuch die eine oder andere Werbeagentur ja nicht nur nicht entlohnen, sondern am besten gleich verklagen. Zum Beispiel für verschlimmbesserndes In-Szene-Setzen ohnehin schon schrecklicher Fratzen oder für dumme, respektive unfreiwillig komische, Slogans. Ganz weit vorne war bisher ja die CDU mit dem inzwischen nachgebesserten Plakat, das sich las wie: "Die 100 Probleme von Berlin – [sind] Frank Henkel."

Aber es gibt Licht am Ende des Tunnels!
Bisheriger Favorit auf den - tatsächlich! - Originalitätspreis:
Die Zielgruppe ist klar. Hauptsache, sie lacht.
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